Mittwoch, 1. April 2009

1.1 Heimweh und Einsamkeit

Törleß ist mit frühreifer Intelligenz begabt, aber charakterlich noch nicht gefestigt.
Er ist noch stark von seinen Eltern abhängig und versucht mit dem schmerzhaften Gefühl des Heimwehs fertig zu werden, indem er Briefe an sie schreibt. So will er aus der ihm eintönig erscheinenden Wirklichkeit fliehen, mit der er noch nicht zurechtkommt.
Der Erzähler relativiert allerdings Törleß' Heimweh-Gefühl und teilt mit, dass sein Schmerz allmählich zum Selbstzweck wird und sich von dem Bild der Eltern löst. Törleß empfindet den Schmerz als lustvoll, denn so fühlt er sein eigenes Ich stärker. Mit der Zeit schwindet der Schmerz und ein Gefühl der Leere tritt ein. Er erkennt, dass ihm "etwas Positives, eine seelische Kraft" (11) abhanden gekommen ist, die er als "Heimweh" kultiviert hatte. Er fühlt sich "verarmt und kahl" (11). Der Erzähler weist darauf hin, dass dies der "erste, missglückte Versuch" von Törleß gewesen sei, "die Kräfte des Inneren zu entfalten" (12).
Freundschaft mit einem sehr religiösen und sensiblen Prinzen: der Erzähler bezeichnet diese Freundschaft als "charakteristisch" (12) für Törleß' spätere Entwicklung.
Diese Freundschaft ist für Törleß zuerst "Quelle eines feinen psychologischen Genusses" (13). Aber es kommt zum Bruch, weil Törleß die Religiosität des Prinzen nicht versteht und sie mit dem Verstande angreift. Die eine Seite seines Wesens, die Rationalität, zerstört diese Beziehung.
Die andere Seite von Törleß' Charakter, die der Prinz verkörpert, ist noch nicht ausgebildet.
Törleß zerstört den Bereich, der ihm fehlt. Zurück bleibt ein Gefühl der Leere und der Langeweile. Er bedauert den Verlust von etwas Wertvollem, dass er allerdings noch nicht begreift.
Törleß' Gefühl der Leere und der Langeweile zeigt sich deutlich in der Abschiedsszene auf dem Bahnhof. Der Abschied von den Eltern lähmt ihn. Das Leben im Institut bringt keine Abwechslung, es ist ihm "völlig gleichgültig" (18) und lässt ihn innerlich "leer" bleiben (30).
Beineberg gegenüber begründet er das "Gefühl des Allein-und Verlassenseins" (32) und der "Einsamkeit" (33), das ihn überkommt, mit einem Kindheitserlebnis: Als er im Wald spielte und das Dienstmädchen sich entfernt hatte, fühlte er sich "verlassen von den Großen" (31).
Seine Einsamkeit erscheint Törleß als Verkörperung einer gesichtslosen Frau. Diese "Herrin [...] der schwarzen Scharen" hat für ihn den "Reiz eines Weibes und einer Unmenschlichkeit" (33). Sie erscheint ihm als Verführerin wie auch als Frau, von der Bedrohung für ihn ausgeht. In diesen Gefühlen bereitet sich sein sinnliches Begehren vor.
Die Entfremdung vom Elternhaus und damit der Verlust der familiären Geborgenheit ist kennzeichnend für seine Entwicklungsphase, die Pubertät. Er fühlt sich von ihnen nicht verstanden (Brief bzgl. Basini).
Auch seine Mitschüler verstehen ihn seiner Meinung nach nicht, ebenso die Lehrer.

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