Sonntag, 1. März 2009

PERSONEN UND PERSONENKONSTELLATION

1.0 Personen

1.1 Törleß
  1. Charakterisierung
  2. Zitateliste
1.2 Beineberg
  1. Charakterisierung
  2. Zitateliste
  3. Beziehung zu Törleß
1.3 Reiting
  1. Charakterisierung
  2. Zitateliste
  3. Beziehung zu Törleß
1.4 Basini
  1. Charakterisierung
  2. Zitateliste
  3. Beziehung zu Törleß
1.5 Sonstige
  1. Mathelehrer
  2. Bozena
  3. Eltern
  4. Prinz
2.0 Personenkonstellation
2.1 Die Gruppe

1.0 Personen

Alle Personen sind auf Törleß "zugeschnitten". Sie haben somit eine funktionale statt individuelle Bedeutung. Die Charakterzüge der anderen Personen liegen im Zusammenhang mit Törleß' Entwicklungsstufe.
Beineberg teilt Törleß' Neigung zur Irrationalität, Reiting den Wunsch nach Macht. Die beiden Schüler stellen eine Überspitzung jeweils eines dominierenden Charakterzuges von Törleß dar.
Basini dient zur Erkenntnis über die Auswirkungen der Passivität im Extremfall. Törleß' Persönlichkeit ist noch nicht ausgereift, d.h. sie verändert sich im Laufe der Erzählung. Die Charaktere von Beineberg, Reiting und Basini sind dagegen statisch angelegt, sie entwickeln sich nicht.

1.1 Törleß

1. Charakterisierung

Törleß ist das einzige Kind einer wohlhabenden, bürgerlichen Familie. Sein Vater ist Hofrat.
Zum Zeitpunkt des Geschehens ist Törleß 16 Jahre alt. Sein Vorname wird nie genannt. Er ist seit vier Jahren Schüler des berühmten Konvikts zu W. in Österreich, auf das er auf seinen eigenen Wunsch hin geschickt wird. Dieses Verlangen verdeutlicht seinen Ehrgeiz.(S. 9)
Seit seinem Eintritt in das Internat litt Törleß an starkem Heimweh und gewöhnte sich an, jeden Tag einen Brief nach Hause zu schreiben. Den Schmerz, den das Heimweh verursachte, empfand er allerdings nicht als störend, sondern als lustvoll. So wurden die Eltern mit der Zeit als "Gegenstand der Sehnsucht" nicht mehr benötigt; der Schmerz wurde zum Selbstzweck. (S. 10) Auf diese Weise fühlte Törleß sein eigenes Ich stärker. Doch mit der Zeit ebbte das Gefühl des Schmerzes ab und wurde durch eine für Törleß unterträgliche Leere ersetzt. Er suchte nun nach einem neuen erfüllenden Zweck. (S. 11f) Zu dieser Zeit schloss er Freundschaft mit einem sensiblen und sehr religiösen Prinzen. Diese Verbindung war für Törleß ein "Genuss psychologischer Art". Er legt Wert auf rationale Begründungen. So führte er den Bruch der Freundschaft herbei, als er die Religiosität des Prinzen, die er in seiner Rationalität nicht begriff, mit dem Verstand angriff. (S. 12ff.) Nach dem Ende dieser Freundschaft fühlte Törleß sich noch leerer als zuvor. Aus Langeweile und Unsicherheit schloss er sich den beiden älteren Mitschülern Reiting und Beineberg an. Zu diesem Zeitpunkt setzt die Erzählung ein.
Törleß ist unsicher und empfindet sich selbst als unfertig. Es wird beschrieben, dass er sich von Büchern beeinflussen ließ und verhielt sich zeitweise dementsprechend. Eine dauerhafte Prägung schein jedoch nichts dergleichen zu bewirken: "Es schein damals, dass er überhaupt keinen Charakter habe.", S.16. Er schließt sich Reiting und Beineberg an, weil ihm deren Wildheit imponiert. Er spielt die Rolle des Mitläufers. (S. 17f.)
Törleß genügt sich selber nicht. Er fühlt sich oft einsam und erträgt diesen Zustand nur schwer. Er sieht seine Tage zusammenhanglos und empfindet ein Gefühl der Gleichgültigkeit. Er kann sich für nichts begeistern. So erklärt sich auch die Rolle des Mitläufers, die er übernommen hat. Da er von sich selbst nichts nach außen trägt, was sonderlich markant und von seiner eigenen Personen geprägt ist, sucht er sich andere, die erfahrener und deren Charaktere schon ausgereifter sind, um durch sie das zu erleben, wozu er alleine nicht imstande ist.
In diesem Alter macht Törleß seine ersten sexuellen Erfahrungen. Er fühlt sich von der Sexualität sowohl angezogen als auch abgestoßen. Das Gefühl der Einsamkeit hängt mit einer Kindheitserinnerung zusammen. Das Kindermädchen ließ ihn im Wald allein zurück. Auf diese Weise sieht Törleß die Weiblichkeit immer im Zusammenhang mit der Einsamkeit.
Er empfindet eine Trennlinie zwischen sich und den um ihn herum geschehenen Dingen. (S.34)
Durch die Besuche bei Bozena, die verboten sind und ihn der Angst wegen reizen, wird sein Gefühl des Ich-Sein verstärkt. Sexualität ist für ihn insofern verstörend, als dass er durch die Sexualität der Eltern entstanden ist. (vor allem die Sexualität der Mutter ist wichtig).

Verhältnis zu Basini: Basini ist das Objekt, an dem Törleß seine Sinnlichkeit erfährt und sich selbst zu erkenne versucht. Er kann nicht ausschließen, dass er unter bestimmten Umständen nicht genauso gehandelt hätte.

Zusammenfassung:
intelligent; sensibel; starke Sinnlichkeit; ist nicht oberflächlich; hat Probleme, die von den anderen nicht verstanden werden; spürt die Brüchigkeit von Moral und Gesellschaft und die beschränkte Erkenntnisfähigkeit des Verstandes; hat kein Mitleid mit Basini, sondern benutzt ihn als Forschungsobjekt
er ist Mitläufer aber zeitweise auch Mittäter. er "übt" sich nicht an Basini, sondern verfällt ihm vorübergehend erotisch als der Verkörperung der dunklen und passiven Seite seines Wesens, bevor er sich von ihm löst und seine Identität findet.
2. Zitatliste

1.2 Beineberg

1. Charakterisierung:
Beineberg ist stark vom Denken seines Vaters beeinflusst, der als Offizier in Indien gedient hatte. Dessen buddhistisch inspirierte Vorstellungen, Gedanken und Idenn hat er unkritisch übernommen. Er hegt die phantastische Hoffnung, "sich mittels ungewöhnlicher seelischer Kräfte eine Herrschaft sichern zu können" (26).
Beineberg trägt Törleß mehrmals sein "Konglomerat von Gedanken vor, in dem sich in verschwommener Form fernöstlich-mystisches Seelenwanderungs-Denken mit dem Glauben an Hypnose sowie mit Erinnerungen an Nietzsches Idee des Übermenschen und an die von ihm bekämpfte christliche Moral vermischt".
Erkennt, dass Wissenschaft ihre Grenzen hat und dass es etwas Wesentliches gibt, wofür sie nicht zuständig ist.
Beineberg geht davon aus, dass der Stärkere das Recht hat, den Schwächeren zu unterdrücken.
Der Schwächere ist Basini, an dem er sich erproben will und der deshalb für ihn experimentellen Wert hat. Er ist das Objekt, an dem Beineberg seine sadistischen Triebe befriedigen, Macht ausüben kann. Er gibt vor, ermüsse Basinis Seele hervorlocken und sein eigenes Mitleid bekämpfen. Er will Basini "quälen" (82) und "täglich an ihm [...] lernen, dass das bloße Menschsein gar nichts bedeutet, - eine bloße äffende, äußerliche Ähnlichkeit" (85).
Diese Verhaltensweise hat einen Höhepunkt nach dem gescheiterten Hypnose-Experiment, als er sich "an Basini müde" schlägt (174).
Beineberg stellt seine verworrenen Gedanken nicht in Frage, nimmt das Recht zum Verbrechen für sich in Anspruch und behält dabei sein gutes Gewissen.
Er benutzt Basini auch, um seine sexuellen Triebe zu befriedigen. Dabei versucht er sein Verhalten, das immer mit der Anwendung von Gewalt endet, mit seiner abstrusen Philosophie zu begründen (vgl. 144). (Verschleierung seines Sexualtriebes -> ideologische Funktion)

2. Zitateliste

3. Beziehung zu Törleß:
Törleß' Haltung gegenüber Beineberg ist ambivalent. Einerseits empfindet er ihm gegenüber einen "merkwürdigen Widerwillen" (26). Er spürt eine verkrampfte Triebhaftigkeit hinter scheinbar selbstsicherem Hochmut, die ihn abstößt.
Andererseits verkörpert Beineberg Wesenszüge, die auch in Törleß liegen. Auch Beineberg meint, "dass die Sinnlichkeit vielleicht das richtige Tor" zur Erkenntnis sein könnte.
Die philosophisch-ideologischen Gespräche (s.o.) mit Beineberg berühren Törleß kaum.
Bei intellektuellen Problemen ist Beineberg jedoch der Einzige, "mit dem er über etwas Derartiges sprechen konnte" (103). (Imaginäre Zahlen,ü..)
Zu Beginn des Geschehens hat Törleß Angst vor Beineberg und seinen Ideen. Er erscheint ihm "wie eine unheimliche, große, ruhig in ihrem Netz lauernde Spinne" (80). Gegen Ende wagt er jedoch gegen ihn Widerstand und zeigt dadurch seine gefestigte Identität und seine neu errungene Selbstständigkeit (vgl. 179).
Unterschiede:
Beide bemühen sich, rationale Zusammenhänge hinter der befremdlichen Wirklichkeit zu erfassen. Beineberg verwirft dabei jedoch emphatisch (mit Nachdruck) jede naturwissenschaftlich begründete Weltanschauung: "Täuschung ist sie, Schwindel ist sie, Schwachköpfigkeit! Blutarmut!" (116).
Törleß will Klarheit über seine Gedanken und Gefühle, Beineberg will mit Menschen experimentieren und dadurch Macht gewinnen.

1.3 Reiting

1. Charakterisierung:
Reiting ist ein intriganter, rücksichtsloser Tyrann. Er liebt Manipulation und Machtausübung gegenüber Menschen. Er beherrscht die öffentliche Meinung und kann die Doppelexistenz, die er mit seinen Freunden führt, geschickt tarnen.
Er rechnet mit Enthüllungen seiner Mutter bezüglich einer hohen Herkunft, will Offizier werden und bereitet sich auf eine Rolle in der Politik vor.
Reitings unideologische Bosheit wirkt auf den Leser fast sympathisch (im Gegensatz zu Beinebergs sexuellen Ausschreitungen und philosophisch verbrämten Sadismus), zumal er über ein gewinnendes Wesen verfügt, seine schlimmen Unternehmungen "mit liebenswürdigen Lachen" durchführt und sich entschuldigt: "Ich übe mich dabei" (55).
Er will seine Macht erproben (er will sehen "wie weit das geht", 163. s.u.) und liebt Massenbewegungen (163).
Inszeniert den Auftritt am Schluss, in dem die Schüler "alle Schuld auf Basini" wälzen (188) und ihre Lehrer hinters Licht führen.


2. Zitateliste:
Machthungriger Intrigant mit faschistoiden Zügen: "Er war ein Tyrann und unnachsichtig gegen den, der sich ihm widersetzte. Sein Anhang wechselte von Tag zu Tag, aber immer war die Majorität auf seiner Seite" (56).
Er "kannte kein größeres Vergnügen als Menschen gegeneinander zu hetzen, den einen mit Hilfe des anderen unterzukriegen" (55).

3. Beziehung zu Törleß:

4. Verhältnis zu Beineberg:
Nach anfänglichen Auseinandersetzung herrscht zwischen Reiting und Beineberg eine Art Burgfriede. Jeder erkennt die Fähigkeiten des anderen an, sie halten aus "gemeinschaftlichem Interesse" (56) zusammen und haben sich stillschweigend auf eine gemeinsame Herrschaft über die Mitschüler geeinigt.

5. Verhältnis zu Basini:
Reiting ist derjenige, der Basini des Diebstahls überführt. Für ihn ist die Tat selbst nicht von großer Bedeutung. Wichtig ist ihm allein, dass er dadurch Basini in der Hand hat, an ihm seine Macht erproben kann und das "Vergnügen" (68) hat, ihn auf immer andere Weise zu misshandeln, allerdings ohne Beinebergs ideologischen Überbau.
Er wird mit der "Überwachung" (70) der Einhaltung der Bedingungen beauftragt, die man Basini mitteilt, und er spielt diese Machtposition hemmungslos aus.
Im Gegensatz zu Beinebergs pseudophilosophischen "Umweg" (144) hat sich Reiting Basini sexuell direkt genähert. Auch er hat danach Gewalt angewendet, weil er sich einer "Sache" (143) gegenüber nicht zu genieren braucht.
Nachdem sich Basini unter Törleß' Einfluss etwas von Reiting gelöst hat, will dieser ihn "noch weiter demütigen und herunterdrücken" (163). Er denkt sich raffinierte Folterpraktiken aus und will sehen, "wie weit das geht" (163).
Von ihm stammt die Idee, Basini der Klasse auszuliefern.

1.4 Basini

1. Charakterisierung:
Basinis Verhalten und Wesen wird negativ beschrieben (70f.).
Er hat "weiche, träge Bewegungen und weibische Gesichtszüge", ist von geringem Verstand, brüstet sich mit erotischen Erlebnissen, die er wegen seiner "zurückgebliebenen Entwicklung" nicht hat, und lügt "aus Eitelkeit" (71).
Durch seinen Diebstahl gibt er den Anstoß zum Geschehen.
Einzige positive Eigenschaft: "eine Art kokette Liebenswürdigkeit" (70).
Empfindet Lust in der Erniedrigung und beugt sich seinen Peinigern ohne Selbstachtung und ohne den Willen, sich gegen sie aufzulehnen.
Basinis geistige Beschränktheit ist sicher ein Grund dafür, dass er seine Lage falsch einschätzt und nicht erkennt, dass er keine Chance gegenüber seinen sadistischen Mitschülern hat. Ein anderer Grund liegt in seiner sozialen Situation. Er ist zwar adliger Herkunft, aber seine Mutter ist Witwe und verfügt nur über wenig finanzielle Mittel. Würde seine Tat aufgedeckt werden, müsste er die Anstalt unehrenhaft verlassen und seine gesellschaftliche Stellung und berufliche Zukunftsaussichten wären in Frage gestellt.
Basini übernimmt stellvertretend die sexuelle Funktion von Bozena. Sie verfüht die Jungen des Konvikts, er liefert sicht ihnen willenlos aus. Sie ist Außenseiterin der Gesellschaft, Basini wird durch seinen Ausschluss von der Schule von der Gesellschaft ebenfalls zum Außenseiter gemacht

Soziale Situation innerhalb des Konvikts: Basini ist nicht angesehen, wird nicht ernst genommen, wird belächelt. Er ist ungeschickt und ängstlich, vor allem im Umgang mit Frauen. Sein Verhalten wird von den Kameraden durchschaut. Er ist isoliert und muss im Konvikt alleine zurechtkommen.
Fazit: Charakterliche Anlagen/Schwächen machen Basini zum idealen Opfer

2. Zitateliste:
"Die moralische Minderwertigkeit und seine Dummheit wuchsen auf einem Stamm." (71)
Lust in der Erniedrigung: Reiting:"Er wollte mir gehorsam sein, alles tun, was überhaupt ich wünsche [...]. Um diesen Preis bot er sich mir förmlich zum Sklaven an, und die Mischung von List und gieriger Angst [...] war widerwärtig" (62f.)

3. Beziehung zu Törleß:
Basini ist das Objekt, an dem Törleß seine Sinnlichkeit erfährt und sich selbst zu erkennen versucht. Nach dem sexuellen Kontakt mit ihm will Törleß ihn nicht quälen, sondern "nur zwingen, selbst die volle Wahrheit zu sagen" (141)


1.5 Sonstige

1. Mathelehrer
2. Bozena: Sie verführt die Jungen des Konvikts, ist Außenseiterin der Gesellschaft.

3. Eltern
4. Prinz

2.0 Personenkonstellation

2.1 Die Gruppe

Bei der Gruppe der drei Jugendlichen handelt es sich um ein Zweckbündnis, wobei die Machtausübung nicht stabil ist.
Zusammengeführt werden sie durch Basinis Diebstahl und durch die beschlossene Selbstjustiz.
Törleß hat sich Beineberg aus Langeweile und Bewunderung ihres Verhaltens angeschlossen. Diese benutzen seinen beweglichen Geist für ihre Zwecke. Wegen seiner besonderen Ziele und wegen seiner Rolle als "geheimer Generalstabschef" (57) nimmt er eine Sonderstellung in dieser Gruppe ein.

Spannungen:
Törleß ist auf Reiting und Beineberg eifersüchtig, als diese sich ohne ihn besprechen.
Als Beineberg von Reitings geheimen Zusammenkünften mit Basini errährt, wittert er Betrug. Die Kenntnis dieses Geheimnisses will er gegen Reiting verwenden, wenn es erforderlich sein sollte.
Törleß wird von beiden bedroht, als er sich von ihnen am Schluss distanziert.

Törleß und Basini:
Törleß ist durch sein Verhalten gegenüber Basini nicht nur Mitläufer, sondern zeitweilig auch Mittäter. Er ist jedoch weniger aktiv an den Geschehnissen beteiligt. Durch Basini gewinnt er sinnliche Erfahrungen. Im Gegensatz zu Reiting und Beineberg "übt" er sich nicht an Basini, sondern verfällt ihm vorübergehend erotisch la der Verkörperung der dunklen und passiven Seite seines Wesens, bevor er sich von ihm löst und seine Identität findet.